Nach wie vor wächst die Weltbevölkerung sehr stark, weltweit steigt die Bevölkerungszahl um 80 bis 90 Millionen Menschen pro Jahr. Dies ist eine menschheits-geschichtlich einmalige Situation.
Zur Veranschaulichung: Die Weltbevölkerung wächst pro Jahr um etwa einmal Deutschland, zehnmal Österreich oder zehnmal die Schweiz, wenn man das auf die Bevölkerungszahl dieser Länder bezieht.

https://en.wikipedia.org/wiki/Estimates_of_historical_world_population (abgerufen am 22.10.2024)
Es dauerte fast die ganze Menschheitsgeschichte, nämlich bis ins Jahr 1804, bis die Weltbevölkerung auf eine Milliarde Menschen anwuchs. Für die zweite Milliarde brauchte es dann nur mehr etwas mehr als ein Jahrhundert, 1927 wurde dieser Wert erreicht. Danach ging es Schlag auf Schlag, der Zeitraum bis zur nächsten Milliarde wurde immer kürzer[1]:
1960 (nach 33 Jahren): 3 Milliarden
1974 (nach 14 Jahren): 4 Milliarden
1987 (nach 13 Jahren): 5 Milliarden
1999 (nach 12 Jahren): 6 Milliarden
2011 (nach 12 Jahren): 7 Milliarden
2022 (nach 11 Jahren): 8 Milliarden
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Weltbevölkerung (abgerufen am 22.10.2024)
Nach den gängigen Prognosen bzw. Szenarien wird das Wachstum der Weltbevölkerung erst gegen Ende des 21. Jahrhunderts zu einem Ende kommen, bei einer Zahl von 10 bis 11 Milliarden Menschen.

Quelle: UN World Population Prospects 2022

UN World Population Prospects 2022 – Geburten und Todesfälle im mittleren Szenario
Quelle: derpragmaticus.com, 02/2024
Bei diesen Prognosen bzw. Szenarien, die von der UN und anderen Institutionen erstellt werden, werden regional differenziert Trends in der Entwicklung der Fertilität, Lebenserwartung und Migration zugrunde gelegt. Im Worst Case („High-Fertility Scenario“) würde das Wachstum der Weltbevölkerung sogar noch bis über das Jahr 2100 hinausgehen, während es im „Low-Fertility“ Szenario dieses zwischen 2050 und 2060 zu einem Ende kommt, bei etwa 9 Milliarden Menschen.
Die Dynamik der Bevölkerungsentwicklung ist regional sehr/höchst unterschiedlich ausgeprägt. Während die Bevölkerung in einigen Regionen nach wie vor sehr schnell wächst, gibt es in anderen Regionen bereits eine Schrumpfung der Bevölkerung.
Das stärkste Wachstum wird für die Regionen Subsahara Afrika und Nordafrika/Naher Osten erwartet. Hier findet möglicherweise kein demografischer Übergang bis 2100 statt. Im restlichen Asien sowie in Lateinamerika findet nach einer Phase starken Wachstums voraussichtlich in den nächsten Jahrzehnten ein demografischer Übergang statt, d.h. dass die Bevölkerung ein Maximum erreicht und danach schrumpft. In Europa, Nordamerika und Australien wird mit einer Stagnation, eventuellen einem leichten Rückgang der Bevölkerung im mittleren UN Szenario gerechnet.In weiten Teilen der Welt haben sich die Geburtenraten bereits „abgekühlt“, liegen also bei 2 Kindern pro Frau oder darunter, in den oben genannten Regionen mit dem höchsten Bevölkerungswachstum liegen die Geburtenraten aber teilweise deutlich darüber, im Worst Case bei über 6 Kindern pro Frau (wie in Niger oder der Dem. Rep. Kongo).

Quelle: UN World Population Prospects 2022

Fertilitätsraten der Länder
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Länder_nach_Fertilitätsrate
Das Wachstum der Bevölkerung ist eine wesentliche Triebkraft der zunehmenden ökologischen Zerstörung. Die IPAT-Formel gibt dies auf einfache, aber stimmige Weise wieder.
Die IPAT Formel beschreibt auf einer allgemeinen Ebene den ökologischen Impact (I), den ein Land, eine Region, die ganze Welt verursacht: I = P * A * T
Die ökologische Belastung einer bestimmten geographischen Einheit hängt also von drei Faktoren ab: der Bevölkerungsgröße (P), dem Wohlstandsniveau bzw. Verbrauch pro Kopf (A) und dem technologischen Entwicklungsstand (T). Oder anders ausgedrückt, je größer die Bevölkerung, je höher das Konsumniveau pro Kopf und je ineffizienter und umweltbelastender die Technologie (im Schnitt) ist, desto größer ist der gesamte ökologische Impact, die gesamte Wirkung auf Ressourcen- und Naturverbrauch und auf die Vitalität von Ökosystemen.
Dieser Zusammenhang ist zwar im Grunde unmittelbar einleuchtend, dennoch gibt es auch unter ökologisch und entwicklungspolitisch orientierten NGOs und Einzelpersonen zahlreiche Beispiele eines Herunterspielens des Faktors Bevölkerungsgröße, etwa indem nur auf den Verbrauch pro Kopf und dessen ungleiche Verteilung Bezug genommen wird.
Laut IPCC müssten wir, selbst bei der bestehenden Weltbevölkerung, wollten wir die Klimaerwärmung bei 1,5-2 Grad mit 83%iger Wahrscheinlichkeit begrenzen, bereits heute klimaneutral sein. Mit steigender Weltbevölkerung rückt das Ziel Klimaneutralität in noch weitere Ferne und 3 Grad globale Klimaerwärmung kann laut PIK für die Landfläche Deutschlands auf sechs Grad hinauslaufen.
Wir gehen davon aus, dass sich alle Faktoren der IPAT-Formel in eine günstige Richtung entwickeln müssen, um irgendwann tatsächlich ansatzweise ökologische Nachhaltigkeit erreichen zu können und auch den anderen Spezies, die die Erde bevölkern, Lebens- und Überlebenschancen zu ermöglichen.
Zahlreiche Indikatoren, wie der bereits erwähnte Ökologische Fußabdruck, ein dramatisch fortschreitender Klimawandel oder der rapide Biodiversitätsverlust weisen darauf hin, dass wir (als Weltgesellschaft) schon weit die Grenzen des Wachstums überschritten haben, also im „Overshoot“ sind.
Technologische Innovationen allein werden zu „unserer Rettung“ nicht ausreichen, auch wenn das die Hoffnung ist, die im Mainstream vorherrscht. Beispielsweise wird sich die Energiewende, die von vielen als ein Schlüsselprojekt einer nachhaltigen Entwicklung angesehen wird, nicht in der erwarteten bzw. geplanten Art umsetzen lassen. Bei genauerem Hinsehen weist dieses Vorhaben zu viele Schwachstellen, Dilemmata und Begrenzungen auf (u.a. auch, was die dafür benötigten Rohstoffe betrifft). Daher müssen sich alle Faktoren der IPAT-Formel in eine günstige Richtung entwickeln (Bevölkerungsrückgang, weniger Konsum pro Kopf, möglichst umweltfreundliche und ressourcenschonende Technologie), um zumindest eine Trendwende in Richtung ökologischer Nachhaltigkeit zu erreichen.
Die meisten Länder sowie auch die ganze Welt sind bereits im ökologischen „Overshoot“, leben also in dieser Hinsicht über ihren Verhältnissen und könnten daher auch als „überbevölkert“ bezeichnet werden.
Eine Möglichkeit, den ökologischen Overshoot quantitativ zu bestimmen, besteht darin, den Ökologischen Fußabdruck (Ecological Footprint) in Relation zur Biokapazität (einer bestimmten geographischen Einheit) zu setzen.
Um einen Eindruck zur Dimension des Überschießens zu gewinnen: Der Durchschnitt der Emissionen liegt in Deutschland bei 11,2 Tonnen CO2 pro Person. Klimaverträglich wäre laut Deutschem Umweltbundesamt (UBA) ein weltweiter Pro-Kopf-Ausstoß von unter einer Tonne CO2. Dafür ist in Deutschland laut UBA eine Minderung in Höhe von rund 95 Prozent gegenüber dem heutigen Stand notwendig. Das stellt Strukturen unserer Wachstumsgesellschaften fundamental in Frage. Westliche Industrieländer müssen ihren Konsum reduzieren und ihre Bevölkerungen weiter schrumpfen, sich entwickelnde Länder das Bevölkerungswachtum eindämmen.
Während hoch entwickelte Länder wie Deutschland durch einen hohen ökologischen Fußabdruck pro Kopf gekennzeichnet sind und klar im Overshoot sind, gibt es aber auch einige Länder mit (relativ) niedrigem ökologischen Fußabdruck pro Kopf, die trotzdem über ihren Verhältnissen leben (z.B. Nigeria oder Indien). Selbst wenn hier der Wohlstand pro Kopf nicht oder kaum wächst (was tatsächlich in diesen Ländern der Fall sein kann), verursacht eine rasch wachsende Bevölkerung eine steigende Umweltbelastung, insbesondere einen wachsenden Druck auf lokale Ökosysteme.
Ökologischer Fußabdruck im Verhältnis zur Biokapazität

Die rote (und rosa) Einfärbung bedeutet, dass der Ökologische Fußabdrucks (des jeweiligen Landes) über dessen Biokapazität liegt.
Quelle: Global Footprint Network, https://data.footprintnetwork.org/#/.

Quelle: Global Footprint Network, https://data.footprintnetwork.org/#/

Quelle: Global Footprint Network, https://data.footprintnetwork.org/#/

Quelle: Global Footprint Network, https://data.footprintnetwork.org/#/

Quelle: Global Footprint Network, https://data.footprintnetwork.org/#/
Abgesehen vom Ökologischen Fußabdruck weisen auch zahlreiche andere ökologische Indikatoren in eine negative Richtung, zum Beispiel der Zustand der Wälder und Böden, die Artenvielfalt, die Süßwasserressourcen und der Zustand der Ozeane, etc.
Diese negative Entwicklng vieler ökologischer Indikatoren gilt nicht nur für die hoch-industriellen Länder, sondern auch für die relativ „armen“ Länder. Hier ist das Bevölkerungswachstum eine wesentliche Triebkraft negativer Entwicklungen und beispielsweise für die Entwaldung tropischer Wälder (in Subsahara-Afrika) hauptverantwortlich.
Hot Spots der Entwaldung

Elf Hot Spots der Entwaldung mit den geschätzten Verlusten zwischen 2010 und 2030 in rot.
Quelle: WWF (2018a): Die schwindenden Wälder der Welt. WWF-Waldbericht 2018, S. 16
Der oft in Diskussionen zur Frage des Bevölkerungswachstums alleinige Fokus auf die Frage „Wie viele Menschen können ernährt werden“ ist viel zu eng.
Menschen müssen nicht nur ernährt werden, sondern haben ein breites Spektrum an Bedürfnissen, Wünschen und Erwartungen. Auch können derart viele Menschen wie jetzt nur dank einer hoch-technisierten, auf den Einsatz fossiler Energien beruhenden Landwirtschaft ernährt werden.
Zahlreiche Länder (ärmere und reichere) sind von Nahrungsmittelimporten abhängig. Die Folgen der globalen Erwärmung werden zudem negativen Einfluss auf die Erträge der wesentlichen Kulturpflanzen haben.

Quelle: https://www.footprintnetwork.org/2022/07/13/food-security-in-a-world-of-overshoot/

Entwicklung der Erträge der Kulturpflanzen Mais und Reis unter zwei Klimaszenarien (RCP 8.5, RCP 4.5).
RCP = representative concentration pathway (repräsentativer Konzentrationspfad) wird zur Beschreibung von Szenarien für den Verlauf der absoluten Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre verwendet.
Das Szenario RCP 4.5 ist gekennzeichnet durch einen zusätzlichen Strahlungsantrieb von 4.5 Wm-2 im Jahr 2100 im Bezug auf den vorindustriellen Stand Mitte des 19. Jahrhunderts, das Szenario RCP 8.5 durch einen zusätzlichen Strahlungsantrieb von 8.5 Wm-2.
Quelle: Future climate impacts on global agricultural yields over the 21st century; https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1748-9326/abadcb/pdf
Das Konfliktpotenzial in Regionen mit hohem Bevölkerungswachstum ist besonders hoch.
Unmittelbare Kausalzusammenhänge sind im gesellschaftspolitischen Bereich immer schwer herzustellen, aber es fällt auf, dass in Regionen mit hohem Bevölkerungswachstum auch überproportional häufig bewaffnete Konflikte stattfinden.
Andauernde Kriege und bewaffnete Konflikte


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_andauernden_Kriege_und_bewaffneten_Konflikte
Insbesondere in den Ländern mit den schnellst wachsenden Bevölkerungen wäre ein Abbremsen dieser Entwicklung sehr dringlich.
Dies gilt insbesondere für Subsahara-Afrika. Eine Verdopplung bis Vervierfachung der Bevölkerung in wenigen Jahrzehnten lässt sich angesichts der bereits jetzt vorhandenen großen Instabiltät in vielen Ländern dieser Region nur als „demographische Katastrophe“ begreifen.
In den Ländern, in denen sich das Bevölkerungswachstum bereits deutlich verlangsamt hat (oder eventuell die Bevölkerung bereits schrumpft), sollte die demographische Entwicklung nicht nur als Problem, sondern auch als Chance verstanden werden.
In der Regel gilt in der öffentlichen Wahrnehmung eine abnehmende Bevölkerung als problematische Entwicklung. Die Finanzierung der Renten, der hohe Aufwand für die Versorgung einer alternden Bevölkerung, eine geringe Innovationsdynamik aufgrund eines abnehmenden Anteils an junger Bevölkerung werden beispielsweise als große Problembereiche angeführt.
Dass eine schrumpfende Bevölkerung mit einigen, durchaus schwierig abzumildenden problematischen Entwicklungen einhergehen kann, lässt sich schwer von der Hand weisen, aber im Gegenzug gäbe es dabei auch wesentliche positive Entwicklungen, die zu wenig gesehen und beachtet werden. Dazu zählen eine Entlastung der Ökosysteme, ein Rückgang des Flächenverbrauchs, leichter verfügbarer und dadurch billigerer Wohnraum, die Möglichkeit, von einer Hightech-Landwirtschaft zu einer ökologischeren Landwirtschaft umzuschalten, weniger Tierleid, weniger Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt und vieles andere.
Einfache Abschätzungen führen zu einem Ergebnis, dass die tragfähige Größe der Weltbevölkerung bei 1 bis 2 Milliarden Menschen liegen dürfte, auf jeden Fall einen Wert erreichen sollte, der deutlich unter den 8 Milliarden von heute, oder den zukünftig prognostizierten 10 bis 11 Milliarden liegt.
Wenn wir davon ausgehen, dass die derzeitige Bevölkerungsanzahl viel zu hoch ist, um allen Menschen in einigermaßen menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, ohne dabei die Lebensgrundlagen zu riskieren – wie groß sollte die Weltbevölkerung eigentlich sein?
Wenn wir darüber hinaus davon ausgehen, dass auch andere Spezies ein Recht auf ein würdiges Leben und auf einen (angemessenen) Lebensraum haben – wie groß sollte dann die Weltbevölkerung eigentlich sein?
Was meinen Sie? Schreiben Sie uns!
#optimale-bevölkerungsgröße